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Juli 2010

in Auffangstation München Newsletter 11.07.2010 12:42
von frenchbully | 91 Beiträge

Abgabe von Nilkrokodilen nach Spanien
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Ende Oktober 2009 wurden 25 Nilkrokodile aus Tierschutzgründen behördlich weggenommen und in die Auffangstation für Reptilien, München zur vorübergehenden Verwahrung gebracht. Dort wurden die zuvor viel zu kalt und unter sehr beengten Bedingungen gehaltenen Panzerechsen untersucht, tierärztlich versorgt und dann in zwei Gruppen auf, zum damaligen Zeitpunkt ausreichend dimensionierte, strukturierte Becken mit beheizten Landteilen aufgeteilt.
Die jungen Tiere legten schnell alle Scheu ab, fraßen gut und legten ordentlich an Gewicht zu, wobei sie einen Teil ihrer Defizite wieder aufholen konnten. Durch die absolut ungeeigneten Haltungsbedingungen beim Vorbesitzer waren die Tiere insgesamt deutlich zu klein für ihr angegebenes Alter von drei bis vier Jahren (unter optimalen Bedingungen erreichen Tiere mit vier Jahren eine Gesamtlänge von gut 150 cm und mehr). Die beengte Raumsituation in der Auffangstation für Reptilien lässt leider nur eine vorrübergehende Haltung von noch kleinen Panzerechsen in geringer Stückzahl zu und ist keinesfalls für eine längerfristige Haltung dieser Tiere ausgelegt. Ausweichmöglichkeiten für einen Teil der Tiere wurden gesucht und in Form eines extra für die Nilkrokodile umgebauten Raumes, den die Universität dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat, gefunden. Dieser soll nach erfolgten, kostenintensiven Umbaumaßnahmen in den nächsten Tagen eingeweiht werden. (Lesen sie hierzu demnächst die Extranews ?Der neue Krokodilraum der Auffangstation für Reptilien, München?)

Unter den 25 Krokodilen waren 9 etwas größere Exemplare. Für diese konnte nun eine neue, dauerhafte Bleibe gefunden werden. Über Herrn Prof. Dr. Hermann Schleich, der seit Jahren in Spanien lebt, das Artenschutzprojekt ?Arco Nepal? (http://www.arco-nepal.de) begründet hat und eng mit dem ?Oasys Parque Temático, Tabernas? zusammenarbeitet, kam der Kontakt zu eben diesem Zoo zustande. Leider gestaltet sich die Vermittlung so vieler Tiere einer großwüchsigen, nicht ungefährlichen und nicht seltenen Krokodilspezies in Deutschland, ja in ganz Europa als außerordentlich schwierig. Die Vermittlung an Privathalter kommt nur in wenigen, sehr seltenen Fällen in Betracht, da die Auflagen durch die Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien des BMELF vom 10. Januar 1997 strikte Vorgaben an die Platzbedürfnisse gestellt werden, die in Privathaushalten nur höchst selten gewährleistet werden können. Zudem wird die private Haltung gefährlicher Krokodile in einigen Bundesländern strikt untersagt. Daher müssen öffentliche Tierhaltungen; wie Zoos und Tierparks bevorzugt angefragt werden. Dadurch, dass auch Zoos an die Mindestanforderungen gebunden sind und meist Themenschwerpunkte haben, die eng mit dem Artenschutz verknüpft sind, besteht auch hier kaum Interesse an der Übernahme der Krokodile. Diejenigen zoologischen Gärten, die Krokodilhaltung betreiben, legen den Schwerpunkt dieses kostenintensiven Unterfangens vermehrt auf seltene Arten, deren Nachzucht angestrebt wird oder aber auf Arten, die einen hohen Schauwert oder großen didaktischen Wert haben. Somit konnte bislang innerhalb Deutschlands, Österreichs und Ungarns, wo Anfragen liefen, keine positive Resonanz erzielt werden. Auch die Offerte innerhalb zoospezifischer Foren erbrachte bislang keine positive Rückmeldung. Lediglich zwei Zoos in Großbritannien zeigten Interesse an den Tieren, von denen jedoch einer von der Übernahme einiger Tiere wieder Abstand nahm, der andere aus didaktischen Gründen bereits sehr große Tiere gebraucht hätte.
Nachdem geklärt war, dass der Oasys Zoo die 9 Nilkrokodile übernehmen würde, mussten die zuständigen Behörden eingebunden werden, um den Transport im Detail zu planen. Hierbei musste zunächst definitiv geklärt werden, ob die Tiere legal nach Deutschland importiert worden waren und ob diese einer Population zugerechnet werden mussten, die im Anhang A der EG-Artenschutz-Verordnung gelistet ist und somit EU-Dokumente gebraucht hätten.
Ebenso standen wir vor dem immensen Problem, wie solch ein Großtransport finanziert und logistisch organisiert werden könnte. Hierbei spielt die erhebliche Stressempfindlichkeit von Krokodilen eine ebenso wichtige Rolle, wie die tierschutzgerechte Verpackung und der tiergerechte, möglichst rasche Transport der Tiere.
Wir konnten aufgrund der langjährigen guten Zusammenarbeit und persönlichen Kontakte, sowie der langjährigen einschlägigen und durchweg positiven Medienpräsenz der Auffangstation und ihrer Mitarbeiter Docma TV / Hundkatzemaus gewinnen. Docma TV war bereit, den ganzen Transport zu begleiten. Weiterhin waren Dr. Gerald Krakauer, Chef von Docma TV und sein Mitarbeiter, Hr. Peer Bartsch bereit, die Organisation des Transports zu koordinieren und ? nicht zuletzt ? auf Sponsorensuche zu gehen. Es gelang dann airberlin.com für die Aktion zu begeistern, die für den Flug, den Transport und den Rückflug der Begleitpersonen als Sponsor fungierte.
In Spanien organisierten Prof. Schleich und der ?Oasys?-Themenpark und Wüstenzoo in Tabernas, nahe Almeria (Spanien), die Logistik vor Ort, den Transport der Tiere, der Begleitpersonen und des begleitenden Fernsehteams vom Flughafen in Malaga zum Zoo, sowie übernahmen die Unterbringung und (die sehr gute) Verpflegung des fünfköpfigen Begleitpersonals, bestehend aus einem Kamera- und einem Tonmann von Docma TV, Hr. Frank Weber (bekannt als Tierschutzexperte aus Hundkatzemaus) vom Franziskus-Tierheim in Hamburg, sowie TA Tobias Friz und Dr. Markus Baur von der Auffangstation für Reptilien, München e.V..

Somit konnte es am 29.06. endlich losgehen. Es wurden sämtliche Tiere nochmals untersucht, vom zuständigen Veterinäramt München wurden die Transportboxen abgenommen und auf die Einhaltung der IATA-Richtlinie überprüft, sowie die notwendige Gesundheitsbescheinigung und die nötige TRACES-Bescheinigung für den Transport von Tieren innerhalb der EU ausgestellt. Nach Abgleich der Artenschutzdokumente mit den Transpondernummern der Tiere konnte auch bestätigt werden, dass die artenschutzrechtlich notwendigen Vorkehrungen getroffen und die Anforderungen erfüllt waren.
Am darauf folgenden frühen Morgen, gegen 6 Uhr, wurde jedes einzelne Krokodil mit einem ?Kopfverband? aus einem dicken Handtuch versehen, um Verletzungen im Kopfbereich zu verhindern. Jede Transportkiste, die die IATA-Richtlinie hinsichtlich Material, Belüftung, Absicherung und Abmessung erfüllen muss, wurde mit einem weichen Tuch ausgeschlagen, sodass auch hierdurch eventuelle Transportverletzungen im Vorfeld ausgeschlossen werden konnten. Gegen 8 Uhr waren alle Tiere bereits auf der Laderampe Cargo D des Münchner Flughafens, wurden aus Sicherheitsgründen durchleuchtet und dann in die Air-Berlin Maschine nach Malaga verfrachtet. Hierbei wurden unser Team und die Tiere professionell durch das Team der airberlin.com und der Swissport Cargo Services betreut, wofür wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken möchten. Dem Filmteam wurde Zugang zum Rollfeld gewährt, sodass selbst das Verladen ins Flugzeug gefilmt werden konnte. Hieraus entstand dem Flughafen München sicherlich ein enormer Mehraufwand, nicht nur durch die Dreharbeiten und unsere Anwesenheit, sondern sicherlich auch durch die außergewöhnliche ?Fracht?. Der Flug nach Spanien dauerte ca. drei Stunden und vor Ort wurden ? durch Vermittlung der Swissport Cargo Services und der airberlin.com ? die Tiere bevorzugt abgewickelt, sodass sie umgehend, nach Erledigung der Formalitäten und Entrichtung der Zollgebühren, auf den bereits wartenden Transporter des Zoos verladen werden konnten. Nach dreistündiger Autofahrt durch Andalusien erreichten Tiere und Begleitpersonen am Abend Tabernas und den Oasys Themenzoo. Hier verbrachten die Tiere die Nacht noch in den geräumigen Transportkisten im klimatisierten Raubtierhaus und wurden am kommenden Morgen gegen 08:00 Uhr, nachdem sie sich etwas von den Aufregungen der Reise hatten beruhigen können, gemeinsam mit dem Zoodirektor Dr. José Maria Linde und den interessierten Zoomitarbeitern vor laufender Kamera in ihr neues Domizil verbracht. Hier fanden sie einen geräumigen Teich mit Bepflanzung, Schilf, Baumstämmen, unterschwimmbaren Verstecken und vielen Liegeflächen unter andalusischer Sonne vor, den sie sogleich, wenn auch noch etwas schüchtern, zu erkunden begannen. In dieser Anlage sollen sie mit den beiden annähernd gleich großen Tieren, die der Zoo bereits gehalten hat, die nächsten Jahre verbringen, bevor sie in eine neue, bereits bestehende, sehr große Anlage, in der bislang Pekaris und Wassergeflügel gehalten wurden, übersiedeln. Diese befindet sich in einem kleinen Canyon innerhalb des Zoos und ist mit herrlicher Palmenbepflanzung und einem künstlichen Flussabschnitt gestaltet und spiegelt eine afrikanische Flusslandschaft treffend wider.
Sowohl der Transport der Tiere, als auch die Freilassung in der Anlage des Oasys Zoo in Tabernas wird im Rahmen einer Sendung ?Hundkatzemaus? ausgestrahlt werden. Den Sendetermin werden wir auf der Homepage veröffentlichen.

Im Rahmen unseres Besuchs im Oasys Zoo konnten wir den sehr schön gestalteten und aufgrund der Lage im Herzen der wunderschönen und beeindruckenden ?Desierto de Tabernas? passend auf das Thema Wüste spezialisierten, liebevoll geführten Zoo besichtigen und hatten in Prof. Schleich und dem Zoodirektor Dr. Linde kompetente, sehr gastfreundliche Ansprechpartner. Insgesamt kann der Besuch dieses Zoos, nicht nur wegen der Münchener Nilkrokodile durchaus empfohlen werden. Weiterhin konnten wir der Freisetzung einiger Bartagamen beiwohnen, die ebenfalls aus der Reptilienauffangstation stammen und die jetzt dauerhaft im Rahmen einer liebevoll durch Prof. Schleich gestalteten Wüstenausstellung, die die großen Wüstengebiete der Welt zeigt und mit exemplarischen Tieren ausgestattet ist, dort leben werden. Auch sie haben sicherlich das ?Große Los gezogen?!

Zudem wurden noch einige männliche Grüne Leguane durch Dr. Baur und Dr. Linde kastriert, da auch in Spanien dieselben Probleme vorherrschen, wie bei uns in Deutschland. Leguane, meist Männchen, werden für wenig Geld als Importtiere verramscht und wachsen ihren Haltern häufig über den Kopf und aus ihren Terrarien heraus. Sie werden ausgesetzt oder weggeworfen, abgegeben oder landen im Zoo, wo sie die genau gleichen Probleme machen, wie bei uns in der Auffangstation. Männchen können, da sie sehr territorial leben und ihre Reviere verteidigen, nicht gemeinsam gehalten werden und verletzen sich teils gegenseitig schwer. Um diese Tiere in der großen Leguan-Anlage im ?Reptilarium? des Zoos auch weiterhin halten zu können, wurden diese kastriert. Dr. Baur hatte die Freude, Dr. Linde in die ?Kunst der Reptilienkastration? nach der in München entwickelten Methode einzuweisen, sodass dieser Kollege (Dr. Linde ist Tierarzt) dies zukünftig selbst wird vornehmen können.

Ein Fotoalbum des Transportes der Krokodile finden sie auf unserer Homepage.

http://nl.xeu.de/j.cfm?i=400428&k=68907

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